Mittwoch, 18. Februar 2009

Epilog

Ein Blog über den weltgrössten Mobile- und Multimediakongress sollte dies sein. Und gleichzeitig ein Feldversuch. Die Bilanz des Letzteren ist durchzogen. Zum einen: Mit HSPA-Anbindung an ein modernes Handynetz verdient das mobile Web endlich seinen Namen. Das iPhone und die ganze Schar seiner Nachahmer mit ihren modernen Prozessoren und ihren ansehnlichen Touchscreens stellen auch gewöhnliche Webseiten endlich vernünftig dar.

Wenn da nur nicht diese unmögliche Texteingabe wäre: Sei es ein URL, sei es ein Suchbegriff - Handys sind einfach keine Schreibmaschinen. Multitouch, T9, Full-QWERTY und wie sie alle heissen - in Handyform taugen sie nichts. Einen Blog per Handy zu füttern, ist zwar möglich, aber eine Notlösung. Mobil bloggen, das ist Arbeit für Profis, sprich: für ein 3G-Netbook, das - wie ein Handy - permanent am Netztropf hängt.

A propos Feldversuch: Noch so ein Blog, und ich leide unter Tennisdaumen.

HTTP error 404

Letzte sogenannte keynote session vor schon etwas gelichteten Reihen. Vernehmlicher Seufzer meiner Sitznachbarin: Sie hält ein teures Smartphone in der Hand, und ich erspähe die Fehlermeldung "HTTP Error 404 - page not found".

Allen vollmundigen Verheissungen zum Trotz: Das Web ist noch nicht so ganz in den Westentaschen angelangt. Da gibt's noch einiges zu tun. Und, im nächsten Jahr am selben Ort, noch einiges zu bereden.

Die Zukunft lässt auf sich warten

Was bleibt von alledem? Im wesentlichen fünf Erkenntnisse:
  • Das Handy ist und bleibt das Konvergenzgerät Nummer eins. Nichts sonst ist so einfach zu bedienen, und nichts sonst tragen die Menschen den ganzen Tag lang auf sich. Und: Die nächste Generation von Netbooks, Konvergenzgerät Nummer zwei, wird mit SIM-Karten ausgestattet sein und über eine intelligente Steuerung verfügen, die automatisch zwischen den verfügbaren Verbindungsarten hin- und herwechselt - ungefähr wie beim automatischen Getriebe: In welchen Gang mein Wagen gerade geschaltet hat, interessiert mich nicht die Spur. Was ich will, wenn ich aufs Gaspedal trete, ist Schub.
  • Auch wenn allüberall und auf gigantischen Transparenten Handys, Handys und nochmal Handys zu sehen waren: Sie sind das Geschäft von gestern. Heute sind Lösungen gefragt, das Befriedigen real existierender Bedürfnisse real existierender Menschen. Und auch wenn dieses Jahr nahezu alle Anbieter mit Touchscreen-Handys das iPhone zu kopieren suchten - wer nichts als Technik anzubieten hat, den bestraft das Leben. Um's mit Skype-Chef Josh Silvermans Worten zu sagen: "Nobody wakes up in the morning and wants 3G."
  • Zukunft haben Gesamtlösungen. Die derzeit prominenteste ist Apples iPhone, das sich nahtlos ins bewährte Geschäftsmodell des iPod einfügt und dem Analysten für die kommenden Jahre noch einiges zutrauen. Da ist einmal ein unnachahmlich elegantes, hochwertig gefertigtes Gerät, das für die Vernetzung mit dem heimischen Computer - per Kabel oder wireless - geschaffen ist. Da ist, als zweites, die kostenlose Software iTunes, mit der sich die gesamte Musiksammlung ordnen und aufs iPhone übertragen lässt. Als drittes ist da der Apple Store, in dem der Nutzer laufend neue Titel legal kaufen und herunterladen kann. Und als letztes sind da der Apple App (application) store und das SDK (software development kit) für Programmierer, damit dem iPhone auch in Zukunft die intelligenten Anwendungen nicht ausgehen.
    Was der Kunde in den Händen hält, ist zwar ein Gerät. Erhalten aber hat er eine umfassende Dienstleistung. Bleibt nachzutragen, dass Apple bereits kräftig kopiert wird: beim iPhone zum Beispiel mit dem Android-Handy der chinesischen Huawei, beim Apple App Store gar von Microsoft oder Nokia.
  • Die Ökologie hält auch in die Mobile-Branche Einzug. Erst zaghaft zwar - da und dort wurden Produkte auf ihre CO2-Bilanzen untersucht oder war die Rede vom ökologischen Fussabdruck einer Dienstleistung -, aber das Bemühen um green power bringt tatsächlich erste Produkte hervor: Solarladegeräte für die dritte Welt etwa oder energiesparende Handysendeanlagen.
  • Und schliesslich: Die Weltwirtschaftskrise hat, trotz des inflationären Gebrauchs von Vokabeln wie sustainable growth und success, auch die Telekombranche erfasst. Wenig erstaunlich, dass davon auf einer Marketingmesse wie dem GSMA Mobile World Congress kaum die Rede war. Aber auch hier wurde die Financial Times gelesen: Die britische Vodafone, France Telecom und die deutsche Telekom legen ihre Pläne für ein Handynetz der nächsten, vierten Generation auf Eis. Investoren sind dieser Tage ungefähr so rar wie Geschäftsideen à la iPhone.
Die Zukunft, das scheint in der Natur der Sache zu liegen, lässt auch hier auf sich warten.

Das Web in der Westentasche

Die Mobile-Branche ist sich zumindest in diesem Punkt einig: Was die Konvergenz von Geräten und der Mediennutzung wirklich antreibt, ist das Web. Moderne Handys sind ausnahmslos in der Lage, Webseiten darzustellen. Und mit dem Mobile-Browser von Opera, auf vielen Geräten bereits vorinstalliert, gelingt das mittlerweile auch rasch und komfortabel. Das setzt Hochgeschwindigkeitsverbindungen voraus, die zwar noch längst nicht überall bestehen. Doch die Nachfrage wächst. Und von heute vier Milliarden Mobile-Kunden haben bereits 1,5 Milliarden Zugang zu HSPA (highspeed packet access), Tendenz stark steigend.

Allerdings wird es nicht reichen, einfach das heutige Web aufs Handy zu bringen. Damit mobile Internetdienste wirklich nachgefragt werden, müssen Abdeckung, Tempo, Kapazität und Integration in bestehende Systeme stark verbessert werden. Das setzt gewaltige Investitionen voraus, die sich allerdings nicht nur lohnen, wie Sol Trujillo, CEO des australischen Providers Telstra, erklärt, sondern auch refinanzieren lassen: Telstra verdient bereits mehr als ein Drittel mit Webdatenverkehr, Email und SMS nicht eingerechnet. Und die Zukunft? Sie gehört neuen Anwendungen - Feuerwehrleute, die die Ausbreitung von Buschbränden in Echtzeit verfolgen und Löschkapazität zur richtigen Zeit am richtigen Ort bereitstellen können; Ärzte, die Blutdruck, Puls und Herzrhythmus ihrer Herzpatienten überwachen können, ohne sie ins Spital bestellen zu müssen.

Vic Gundotra, Engineering-Vizechef von Google, ortet das Abheben des mobilen Internet im vergangenen Jahr 2008. Weshalb? Die Datenverbindungen wurden gleichzeitig günstiger und schneller. Flatrates hielten Einzug in die Preispläne der Provider. Mit den modernen Browsern von Palm, Apple, Android oder Opera fand das Web zum ersten Mal seinen Weg auf die Handybildschirme. Und neue Anwendungen wie On- und Offlineversionen von Google Mail oder Google Maps (nagelneu: Google Latitude, das auf der Karte, deren Einverständnis vorausgesetzt, auch gleich den Standort von Ehefrau und Freunden darstellt) entsprechen offenkundig einem breiten Bedürfnis.

Und Skype-Chef Josh Silverman ist ganz einfach stolz: Die Skype-Software wurde bisher eine Milliarde Mal heruntergeladen, 400 Millionen nutzen Skype regelmässig für Chat, Telefonie und Videotelefonie. Auf das Konto von Skype gehen mittlerweile 8 Prozent des weltweiten Gesprächsaufkommens. Und dabei schickt sich Skype erst an, die Handys dieser Welt zu erobern, von Flatscreenfernsehern, Autovideo- und Kühlschrankdisplays - alles mögliche Skype-Ziele - ganz zu schweigen. Nächster Schritt: die serienmässige Ausstattung von Nokia-Handys mit Skype, "and much more to follow."

Ich bin auch ein iPhone

iPhones, wohin das Auge blickt, selbst wenn es keine sind - oder frei nach einem Sprichwort: Wer den Erfolg hat, braucht sich um Nachahmer nicht zu sorgen.

And the Oscar goes to... V














Die Grand Jury hat gesprochen: Mobile-Innovation-Preisträgerin 2009 ist die chinesische Cootek. Ihre Soft-Tastatur "Touchpal" soll auf dem Touchscreen des Handys eine wesentlich raschere Eingabe von Text ermöglichen, und ausgeklügelte, mehrsprachige Algorithmen sollen dabei erst noch die Vertipper korrigieren. Vollautomatisch natürlich. Wohlgemerkt: Homer hätte seine Ilias auch mit Cooteks "Touchpal"-Unterstützung kaum auf dem Handy geschrieben. Aber wer auf einem Touchscreen mehr als nur ein SMS schreibt (erraten: zum Beispiel einen Blog), der wird "Touchpal" zu schätzen wissen.

Wie auch in anderen Branchen üblich, bleibt es auch am GSMA Mobile World Congress nicht bei einer Auszeichnung allein. Ein ganzes Rudel wechselte den Besitzer. Im Rahmen der Global Mobile Awards 2009 ausgezeichnet wurden etwa das beste Handyspiel, das beste Handy und das ökologischste Handyprodukt.

Besonders bemerkenswert allerdings ist der Oscar für den besten Mobile-Musik- oder Videodienst: Der ging nämlich an die BBC - mit ihrem aufs Handy portierten iPlayer, der schon Zeit seiner Einführung weltweit Furore macht. "This is a very appealing application that has taken the online world by storm", urteilte die Jury: "Other broadcasters - both public and commercial - should be trying to achieve similar levels of engagement with the audience on all devices."

Dem ist nichts beizufügen.

Dienstag, 17. Februar 2009

And the Oscar goes to... IV

Auf ein Letztes:
  • Da wäre, last but not least, schliesslich noch die amerikanische TuneWiki mit ihrer "social music player" genannten Handysoftware, die zur Zeit zwei Millionen mp3-Files und Videos im Web sowie ein ganzes Arsenal von Webradios mit in die jeweils eigene Sprache übersetzten Songtexten verbinden, abspielen und dazu gleich noch die Möglichkeit bieten soll, Gleichgesinnte in aller Welt zu kontaktieren (Facebook-Kooperation geplant).

Kein leichter Job für die Jury. Ich bin mächtig gespannt. À suivre.

Laufsteg der Innovativsten

Um sich einer grösseren Öffentlichkeit zu präsentieren als nur einem Messepublikum, steht den selbsternannten Innovativsten der Branche nun auch im Web ein Laufsteg zur Verfügung: www.mobileinnovation.org.

And the Oscar goes to... III

Und weiter im Text:
  • Da ist das israelische Startup-Unternehmen Modu mit seiner Feststellung, dass Handys im weltweiten Durchschnitt alle zwei Jahre gewechselt werden, und mit seinen wenige Zentimeter kleinen, Guinnessbuch-gekrönten Handywinzlingen, die alles beherrschen, was heutige Handys können, und die sich, nach Lust und Laune und Bedarf, in unterschiedlichste modisch-praktische Hüllen ("jackets") schieben lassen;
  • da ist die amerikanische Ubidyne mit seinen kompletten, kompakten, stromsparenden Handysendern, die kleinere Mobilfunkzellen und damit einen besseren Empfang ermöglichen;
  • da ist die israelische InfoGin mit seiner Server-basierten Lösung, die Webseiten in Echtzeit - einschliesslich Javascript und Flash - automatisch an die unterschiedlichsten Handydisplays anpasst;
  • da ist die chinesische CooTek mit ihrem "Touchpal", einer Touchscreen-basierten Software-Tastatur mit integriertem Wörterbuch, das, verglichen mit der des iPhone, wesentlich raschere und fehlertolerantere Texteingaben ermöglichen soll.

Visionär des Gestern

Er ist einer der grössten Stars des Mobile- und Multimediawelt - und zugleich womöglich der Unbekannteste: Takeshi Natsuno, heute Professor an der japanischen Keio-Universität, war Miterfinder des iMode von DoCoMo. Vor genau 10 Jahren, als sich der Westen noch durch die ersten ungelenken WAP-Seiten hakelte, brachte Natsunos iMode bereits eine einfach zu bedienende, schnelle, text- und linkbasierte Version des real existierenden Web auf die Handys - und war damit seiner Zeit weit voraus. iMode, das noch bildlose Handyweb aus dem multimedialen Eozän, verzeichnet bis heute 48 Millionen Nutzer.

Japan, so ist Natsuno überzeugt, ist in Sachen Mobile und Multimedia immer noch führend. Als einziges Land hat es, nach dem "Voice Age" auch das "Data Age" hinter sich gelassen und befindet sich heute im "Lifestyle Age". Das Handy ist in Japan E-Mailer, Barcode-Leser, Ticketverkäufer, Bankschalter, Fernseher und Spielkonsole - im Alltagsgebrauch von Millionen, wohlgemerkt.

Und die Zukunft? Windows-mobile-Handys? Apple mit iPhones? Google mit Android-Geräten? Nichts von alledem, jedenfalls nichts davon allein. Entscheidend sind nicht länger Geräte oder Technologien, sondern die realen Bedürfnisse eines realen Publikums, das die Segnungen des Internet kennen und schätzen gelernt hat. Und das auch unterwegs nicht mehr darauf verzichten will. Das Herstellen und Verkaufen von Geräten - Handys, Notebooks - ist das Geschäft von gestern.

Bildersafari durch die Mobile-Serengeti: Conditio sine qua non

Bildersafari durch die Mobile-Serengeti: Brave new World

Bildersafari durch die Mobile-Serengeti: Google - unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Bildersafari durch die Mobile-Serengeti: Modu - Streichholzschachtel, halbiert

Bildersafari durch die Mobile-Serengeti: Suntrica - Solarladegerät für unterwegs

Bildersafari durch die Mobile-Serengeti: Mobilizy - einfach Anvisieren, Wikipedia lesen

Bildersafari durch die Mobile-Serengeti: Ernüchterung in der Financial Times

Bildersafari durch die Mobile-Serengeti: Non-Multimedia

Bildersafari durch die Mobile-Serengeti: Fürs Handgelenk

Bildersafari durch die Mobile-Serengeti: iPhone-Klone, soweit das Auge reicht

Bildersafari durch die Mobile-Serengeti: Für den Notfall

Bildersafari durch die Mobile-Serengeti: Streichholzschachtelklein

Bildersafari durch die Mobile-Serengeti: Ego-Shooter auf dem iPhone

Bildersafari durch die Mobile-Serengeti: Klein, Kleiner...

Boomtown Herald

Gelegentlich hat Multimedia sogar mit Medien zu tun. Der Boomtown Herald, ein täglich erscheinendes Messemagazin namens "GSMA Daily", ist erstaunlich gut gemacht. Und passt, nach den Nachrichten per drsmobil.ch, ganz gut zum Morgenkaffee.

Montag, 16. Februar 2009

And the Oscar probably won't go to...

Wenn's um den Mobile-Innovation-Preis geht, haben's B2B-Lösungen (auf deutsch: Von-Firma-zu-Firma-und-eben-nicht-zum-Kunden) naturgemäss schwerer. Auch wenn sie durchaus spektakulär klingen.
  • Wie etwa die britische 4Mwireless, der nach eigenem Bekunden unangefochtenen Marktführerin in der Herstellung von Steuersoftware für die Handys der vierten, also künftigen, Handygeneration,
  • wie die schwedische Nanoradio AB, die den WLAN-Empfänger optimiert hat, so dass er höchstens noch halb soviel Strom frisst wie das nächstbeste Gerät,
  • wie die niederländische Intivation, die einen Transformator entwickelt hat, der es fertigbringt, mit dem Strom einer einzigen Solarzelle ein Handy aufzuladen - und dies, in sonnenreichen Ländern der Dritten Welt, angeblich bereits in einer einzigen Stunde,
  • wie die französische Apilinx, die eine medizinische Überwachung zuhause statt im Spital ermöglicht, indem sie die Daten eines kleinen, auf die Haut geklebten Bluetooth-Sensors verschlüsselt und per Handy an Arzt oder Spital übermittelt,
  • wie die Web-2.0-Plattform Mob4hire, die Handysoftware-Entwicklern unter die Arme greift, indem sie testwilligen und -wütigen Amateuren eine Website bietet, wo diese ihrem Handyhobby frönen und auf der die Entwickler ihre Erzeugnisse gegen wenig Geld auf allen möglichen Geräten und Betriebssystemen testen lassen können,
  • wie die amerikanische Advanced Receiver Technologies, deren Chips es angeblich gelingt, die Antennenleistung des Handys um den Faktor drei zu verbessern, indem sie Interferenzen und Störgeräusche sauber wegrechnen.

Aus

Aus. Akku platt. Rest also per Kugelschr

And the Oscar goes to... II

Nächste Runde im Schaulaufen der Innovativsten.
  • Da wäre einmal die französische Codasystem mit ihrer Feststellung, dass es in Island keine Sphinx und in Brasilia kein Kolosseum gibt, sprich: dass Zillionen der im Web zirkulierenden Bilder gefälscht oder zumindest falsch getaggt sind - und mit ihrer Software, die Handyfotos - heute bereits 70 Prozent aller Digitalbilder - mit fälschungssicheren Informationen über Aufnahmezeit und -Ort versieht, so dass man ihnen für rechtliche oder Versicherungszwecke trauen kann.
  • Oder da wäre die britische Txtrans mit ihrem handybasierten Zahlungssystem, das es dem Nutzer erlaubt, durch Eingabe der Kaufdaten auf einer gesicherten Webseite jede beliebige Zahlung zu tätigen - überall und sofort und ohne Portemonnaie oder Kreditkarte.
  • Oder da wäre die amerikanische Worldmate, deren Dienst für Business-Reiseprofis nach Eingabe des geplanten Reiseprogramms rechtzeitig per SMS alle erforderlichen Informationen bereitstellt - verspätete oder annullierte Flüge, Alternativen, selbst Buchungsmöglichkeiten im nächstgelegenen Hotel.

Boomtown

Weltwirtschaftskrise? Willkommen in Boomtown, der pulsierenden Telekom-Industriemetropole am Montjuic.

And the Oscar goes to... I

Wettbewerb herrscht, wo mehrere dasselbe wollen. Zum Beispiel eine Auszeichnung: Im Rahmen der "Mobile innovation global competition" werden die Stars der Zukunft gesucht. Selbst wenn es am Ende nur die Stars dieser Messe sind.
  • Da wäre etwa der amerikanische Provider IntelliNet Technologies mit seiner Plattform, die Handy- mit Wireless-Versorgung verbindet und dabei gleichzeitig ein ganzes Arsenal von drahtlosen Breitbandechnologien nutzt;
  • da wäre die polnische Wind Mobile mit ihrem Service, der wegen aufgebrauchter Prepaid-Guthaben fehlschlagende Anrufe abfängt, die vergeblich Kontaktierten informiert und, wenn diese zurückrufen, die Telekombetreiber doch noch Geld verdienen lässt;
  • da wäre das Schweizer 80-Mann-Unternehmen Sunbay mit ihrer Datenkompression (verlust- und verzögerungsfrei, bis zu 50 Prozent) und ihrem "Netsnapper", der ein Smartphone oder ein Notebook laufend mit der besten verfügbaren Technik verbindet - Handynetz, Wireless, Kabel -, ohne dass der Benutzer etwas davon bemerkt.

Spannender sind die Anwendungen und Services, die sich direkt an Benutzer richten.

  • Da wäre zum Beispiel die norwegische Mobile Nordic mit ihrem Web-basierten, globalen und durch die Nutzer selbst erweiterbaren Web-2.0-Telefonbuch fürs Handy, das einem Angerufenen nicht einfach eine unbekannte Nummer, sondern gleich die Identität des Anrufers zeigt;
  • da wäre die finnische Suntrica mit ihren am Oberarm über der Kleidung tragbaren, wetterfesten 25-Euro-Solar-Ladegeräten fürs (automatisch erkannte) Handy;
  • da wäre schliesslich die österreichische Mobilizy mit "Wikitude", einer Handyapplikation, die beim Blossen Anvisieren einer Sehenswürdigkeit mit der Handykamera gleich die passenden Informationen aus der Wikipedia liefert, und das bereits in zehn verschiedenen Sprachen.

Ein Blick auf meinen Akkuladestand zeigt, dass ich am besten rasch bei den findigen Finnen vorbeigehe.

Mobilkommunikation Version 2.0

Einen ersten tiefen Blick in die Glaskugel tut Andy Zimmerman, Chef des amerikanischen Management- und Technologieberaters Accenture ("Here comes everything - building the mobile superhighway"). Drahtlose Netzwerke, so prophezeiht er aufgrund Forschungen seines Unternehmens, werden sich rasch von der heutigen Telekommunation lösen und Einzug halten in Autos - Systemdiagnose durch die Garage, wo immer sich der Wagen befindet -, oder in Fotokameras - geschossene Bilder direkt ins Web oder auf den digitalen Bilderrahmen der Liebsten - und dergleichen mehr.

Oder besser: Dergleichen noch viel, viel mehr. Die mobile Revolution hat laut Zimmerman nämlich erst begonnen. Laut einer Schätzung des Massachusetts Institute of Technology (MIT) werden im Jahr 2015 weltweit eine satte Billion mobile Geräte in Betrieb sein. Und in den nächsten 10 bis 15 Jahren würden nahezu alle elektrischen Geräte drahtlos miteinander vernetzt sein. Neue Anbieter, die "Next Movers", stünden bereit, und sie seien bereits dabei, neue Wertschöpfungsketten zu schmieden - Apples iPhones, vernetzte Samsung-Kühlschränke, TomTom-GPS, web-basierte Microsoft-x-Box-Spiele seien erst die Vorboten einer vernetzten Zukunft.

Merke: Eine Mobile-Konferenz ist nicht der Ort für Untertreibungen. Doch zugegeben: Ein Radiopodcast, automatisch per WLAN ins Auto übertragen, wär' tatsächlich eine feine Sache.

(Doch um das zu wissen, braucht's keine Glaskugeln. Da reicht gesunder Menschenverstand.)

Tüten der Vergangenheit

Der GSMA Mobile World Congress ist eine ganze Technologiestadt, aufgebaut auf dem Gelände der Fira de Barcelona nördlich des Montjuic. Abertausende strömen hier zusammen, und Aussteller der ganzen Welt geben sich hier ein Stelldichein. Provider aus Japan, Chipproduzenten aus Korea, Handyhersteller aus den USA, dazu Softwareprogrammierer aus buchstäblich aller Herren Länder.

Dieser erste Tag ist dem Thema "Mobile Innovation" gewidmet und findet in einer riesigen, in mehrere Konferenzsäle unterteilten Messehalle mit Tausenden von Sitzplätzen statt. Die roten Bezüge gemahnen an ein Kino, und der Vodafone-Slogan "Make the best of now" prangt auf einer der Leinwände. Nur: Im ganzen Saal gibt's buchstäblich nicht eine freie Steckdose. Überall nur Kopfschütteln - nichts zu machen. Hier wird die Zukunft in Tüten der Vergangenheit verkauft, denk' ich mir - und halte es mit Vodafone, mache das beste aus dem Jetzt und blogge bis zum letzten Funken meiner Handybatterie.

Sonntag, 15. Februar 2009

Furcht vor dem Schuldenturm

Ein kleines Bisschen der verheissenen Multimediazukunft allerdings findet doch schon in der Gegenwart statt. Zurück im Hotel, will ich wissen, wie es um den Rest der Welt steht. Mangels Weltempfänger hoffe ich aufs mobile Web. Und tatsächlich: drsmobil.ch hilft weiter.

Wenngleich ein wenig zögerlich. Als erstes warnt mich mein Handy vor erhöhten Kosten im Roaming- (sprich: Fremdnetz-)Betrieb. Weiterfahren? Ja. Die Seite drsmobil.ch schliesslich präsentiert sich übersichtlich und klar, und auf Anhieb finde ich das heutige Echo der Zeit. Ein Klick auf "Hören" allerdings warnt mich ein zweites Mal, diesmal noch eindringlicher ("Es fallen dafür Kosten an, deren Höhe von Ihrem Vertrag mit Ihrem Mobilfunkbetreiber oder mit Ihrem Internetprovider abhängig ist, je nachdem ob Sie über GPRS/Edge/UMTS oder WiFi (WLAN) mit dem Internet verbunden sind. Speziell beim Empfang der Daten über GPRS/Edge/UMTS können die Kosten sehr hoch sein."). Ich gebe vor, keine Akronyme zu verstehen, verdränge tapfer jeden Gedanken an den Schuldenturm, schicke ein Stossgebet zum Handyhimmel und klicke gottergeben auf "Echo der Zeit jetzt hören".

Der Rest klappt anstandslos. In weniger als einer Minute ist das halbstündige Sonntags-Echo heruntergeladen - und kann es mit seinen 34 kbps locker mit jedem Kristalldetektorempfänger aufnehmen. Merke: Web- und Handytechnik sind für die mobilmultimediale Zukunft einigermassen gerüstet. Die Angebote der Mobilfunker sind es noch nicht.

Zukunft, nicht Gegenwart

"Experience the mobile future", steht auf einem gigantischen Transparent vor dem neoklassizistischen Eingang zur Fira de Barcelona zu lesen. Dem ist nichts hinzuzufügen. Im Gegenteil: Es ist wörtlich zu nehmen.

Um dem Rummel des morgigen Kongress- und Messebeginns zu entgehen, beschliesse ich, meine Akkreditierung als Medienvertreter bereits heute Sonntag hinter mich zu bringen. Gesagt, getan. Und weil ich bereits vor dem Messeeingang stehe, scheint ein erster Rundgang keine schlechte Idee zu sein. Ein bulliger Türsteher belehrt mich ingrimmig eines besseren: "Zis is from tomorrow, from tomorrow", schnarrt er, auf meinen nagelneuen Messe-Pressausweis deutend.

"Experience the mobile future", fürwahr. Ich sitze also unverrichteter Dinge im "Cafe Zurich" (sic) an der Plaça de Catalunya und lerne: Auch in der modernen Telekombranche ist Zukunft, was erst morgen beginnt.

Kleine Multimediastatistik

Warten am Gate, Blick in die Runde. Sonntag mittag, keinerlei Hektik. Nebst leicht bis mittelschwer gelangweilten Reisenden erspähe ich einen in Betrieb befindlichen iPod, ein iPhone, zwei mp3-Player, zwei Handys nicht ersichtlicher Hersteller und eine Handheld-Playstation. Dazu zwei aufgeklappte Notebooks, drei weitere säuberlich verpackt.

Ach ja, und ein Buch.

Gesucht: Elektrischer Strom

So mobil und multimedial sie auch sein mögen: Vor dem elektrischen Strom sind alle Geräte gleich. Ob Notebook, Netbook oder Smartphone - bei intensivem Gebrauch saufen sie allesamt Strom wie durstige Kühe Wasser. So erklärt sich ein weiterer eigenartiger Konvergenzgegensatz: Die Geräte werden immer kleiner, leichter und eleganter, aber ihre Tränke, die Ladegeräte, bleiben dieselben unförmigen Brocken. Wer mobil surft, mailt und bloggt, hat zwar Design in der Tasche, aber einen Klotz im Gepäck. Und mobile Multimedianutzung - im Zug, im Flughafen - heisst, stets mit einem Auge zur nächsten freien Steckdose zu schielen. Die immer in der dunkelsten, schmutzigsten Ecke zu finden ist, und die in der Regel ohnehin nie frei sein wird, weil alle Notebooks, Netbooks und Smartphones... (siehe oben).

Donnerstag, 12. Februar 2009

Konvergenz kontra Bildschärfe: 1:0

Kaum losgebloggt, treffen bereits die ersten Userreklamationen ein: Die Handybilder sind unscharf.

Das sind sie, unzweifelhaft. Der Handysehtest spricht da eine deutliche Sprache. Weitere Lektion in Sachen Konvergenz: Das Handy kann zwar fotografieren, aber wirklich fotografieren kann es nicht.

Obwohl es da noch andere Möglichkeiten gibt: Es könnte auch sein, dass ich den Autofokus noch nicht ganz beherrsche. Oder aber mein Handy braucht eine Brille.

Blogfeed engine

Was mit SMS begann, der simplen Kurzmeldung von Handy zu Handy, hat Google mit dem zugekauften Dienst blogger.com enorm weiterentwickelt: Dieser Konvergenzblog hier entsteht, erraten, auf dem Handy. Und zwar ganz bequem per E-Mail: Einen Post verfasse ich offline - Titel, Handyfoto als Attachment, Text - und schicke dann das Mail an eine Blogger-Systemadresse. Der Dienst wandelt das ganze automatisch um, und fertig ist der Blogpost.

Das Handy wird so zur durchaus komfortablen Blogfeed engine. Wenn da nur nicht die @#*ç%&!-Tasten... (siehe unten).

Rückblick: Das Erfolgsmodell SMS

Das Handy ist das Konvergenzgerät schlechthin - eine Entwicklung, die Apple mit dem durchschlagenden Erfolg des iPod und später des iPhone vorgespurt hat. Dass ausgerechnet das Handy, das Taschentelefon, das Konvergenzrennen machen würde, ist dem SMS zu verdanken: dem short message service, der ursprünglich gar nie als Dienst fürs Publikum gedacht war.

Der SMS-Dienst wurde Mitte der 80er Jahre vom finnischen Ingenieur Matti Makkonen erfunden. SMS, wie wir es heute kennen, hatte er überhaupt nicht im Sinn – Makkonen suchte lediglich nach einer Möglichkeit für Mobilfunkbetreiber, ihren Kunden eine simple Nachricht zukommen zu lassen, zum Beispiel, wenn der Handydienst mal wieder überlastet war. Daher auch die Beschränkungen – eine SMS fasst auch heute noch höchstens 160 Zeichen.

Makkonens Idee überzeugte – und das weit mehr, als er sich je erträumt hätte. SMS fand Eingang in den Mobilfunkstandard GSM, und rund ein Jahr nach dessen Einführung, am 3. Dezember 1992, ging das erste, sozusagen historische SMS von einem PC an ein Handy im britischen Vodafone-Netz. Der Text, „merry christmas“, war zwar nicht ganz so historisch, aber trotzdem: Als 1993 die ersten SMS-fähigen Handys auf den Markt kamen, reagierte das Publikum so begeistert, dass ausgerechnet diese mühselige Tipperei auf den winzigen Tasten dem Mobiltelefon erst so richtig zum Durchbruch verhalf.

Letztes Jahr, so schätzt die amerikanische Marktforschungsfirma Gartner, wurden weltweit 2,5 Billionen SMS verschickt. Dieses Jahr sollen es gar 3,3 Billionen sein. Wäre jedes dieser SMS durchschnittlich 10 Zentimeter lang, reichten sie alle zusammen bis zum Mars und wieder zurück.

Mittwoch, 11. Februar 2009

Konvergenz, kleiner Nachtrag

A propos Konvergenzen: Da gäbe es auch noch die Konvergenz der Tataturen. Gäbe - Betonung auf dem Konjunktiv. Nach dem Verfassen dieser beiden Posts habe ich jetzt den Krampf in beiden Daumen.

Konvergenz, das unbekannte Wesen

Die vielzitierte Konvergenz, das Zusammenwachsen von Medien, ihrer Nutzung, von Geräten und Arbeitsprozessen, ist schwer zu fassen. Da ist einmal die inhaltliche Aufblähung: Von welcher dieser vielen möglichen Konvergenzen sprechen wir überhaupt?

Aber selbst die womöglich einfachste aller Konvergenzen, die convergence of devices, also das Verschmelzen von Kommunikations- und Mediengeräten zu eierlegenden Wollmilchsäuen, hat viele Gesichter. Zum einen liegt das daran, dass Gerätekonvergenz ausgerechnet von divergenten Ansprüchen getrieben ist.

Heute ist es das Handy, das möglichst viele Ansprüche abdecken soll: Es soll - ja, auch das! - telefonieren, simsen und mailen. Agenda und Kontaktliste sollen ebenso darin Platz finden wie geschäftliche Dokumente und Spreadsheets. Es soll die ganze Musiksammlung, eine Handvoll Spielfilme und Konsolenspiele aufnehmen. Es soll mobilen Internetzugang bieten, und es soll mit GPS navigieren können. Es soll eine hoch auflösende Foto- und Videokamera bieten, einen grossen, leuchtstarken Bildschirm und einen satt klingenden Lautsprecher. Eine bequem mit den Daumen bedienbare Tastatur ist ebenso Pflicht wie ein Trackball oder Touchscreen.

Und dabei soll das Gerät winzig sein und federleicht. Und sich erst noch intuitiv bedienen lassen, weil 90 Prozent aller Bedienungsanleitungen ungelesen kompostiert werden.

Erstaunlich, dass diese Gerätekonvergenz überhaupt stattfindet. Aber in der Tat: Das iPhone, unangefochtener Standard im Handybereich mit einem bis in vier Jahren auf 40 Prozent geschätzten weltweiten Marktanteil, wiegt 133 Gramm und hat eine Bildschirmdiagonale von 8,9 Zentimetern. Meine Blogmaschine, ein HTC Touch HD, bringt 146 Gramm auf die Waage und brilliert mit einem 9,7 Zentimeter grossen Touchscreen.

Doch so genial diese Handys sind: Sie bestehen aus Kompromissen. Die Bildschirmtasten sind winzig, die Handyfotos flau, der Sound mickrig. Das iPhone ist erst ein Anfang. Konvergenz wird von den Herstellern eben erst erfunden.

Dienstag, 10. Februar 2009

Mobile Zukunft, Lektion eins

Leichter gesagt als getan: Das gilt auch für mobilmultimediale Feldversuche. Mein Versuch, das Gerät zu zeigen, mit dem dieser Blog erstellt wird, scheitert gleich zweimal.

Erstens: Ein Gerät, das gleichzeitig Blogmaschine und Fotokamera ist, kann sich schlecht selbst fotografieren. Und zweitens: Der Upload dauert ewig. Ursache: Eine 5-Megapixel-Kamera, heute Standard bei modernen Handys, macht Riesenbilder.

Zum Glück habe ich, nach zweifachem Scheitern, dreifach Geduld. Mit Spiegeltrick und Kameraeinstellung klappt am Ende auch dieser Post.

Samstag, 7. Februar 2009

Die Zukunft ist mobil

"Mobil in die Zukunft" heisst dieser Blog. Ein pompöser Name, fürwahr. Aber dennoch treffend. Denn dieser Blog ist mindestens zweierlei:

Zum einen werde ich in diesem Blog über den GSMA World Congress in Barcelona berichten: über die Selbstdarstellungen von Handyherstellern, Providern, Medien, Softwareproduzenten. Darüber, wie die Mobile-Nutzung der Zukunft aussehen könnte. Betonung auf Letzterem.

Denn zum zweiten ist dieser Blog auch ein Feldversuch. Weil niemand wirklich weiss, wie wir in Zukunft mit Handy, Musikplayer und mobilem Web umgehen werden, werde ich's testen - dadurch, dass ich diesen Blog mit einem einzigen Gerät füttere. Erraten: mit einem Handy modernster Bauart.

Ich wünsche mir (@#"*ç%&$£, diese Handytasten sind aber auch winzig!...) viel Glück!