Mittwoch, 18. Februar 2009
Epilog
Wenn da nur nicht diese unmögliche Texteingabe wäre: Sei es ein URL, sei es ein Suchbegriff - Handys sind einfach keine Schreibmaschinen. Multitouch, T9, Full-QWERTY und wie sie alle heissen - in Handyform taugen sie nichts. Einen Blog per Handy zu füttern, ist zwar möglich, aber eine Notlösung. Mobil bloggen, das ist Arbeit für Profis, sprich: für ein 3G-Netbook, das - wie ein Handy - permanent am Netztropf hängt.
A propos Feldversuch: Noch so ein Blog, und ich leide unter Tennisdaumen.
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Allen vollmundigen Verheissungen zum Trotz: Das Web ist noch nicht so ganz in den Westentaschen angelangt. Da gibt's noch einiges zu tun. Und, im nächsten Jahr am selben Ort, noch einiges zu bereden.
Die Zukunft lässt auf sich warten
- Das Handy ist und bleibt das Konvergenzgerät Nummer eins. Nichts sonst ist so einfach zu bedienen, und nichts sonst tragen die Menschen den ganzen Tag lang auf sich. Und: Die nächste Generation von Netbooks, Konvergenzgerät Nummer zwei, wird mit SIM-Karten ausgestattet sein und über eine intelligente Steuerung verfügen, die automatisch zwischen den verfügbaren Verbindungsarten hin- und herwechselt - ungefähr wie beim automatischen Getriebe: In welchen Gang mein Wagen gerade geschaltet hat, interessiert mich nicht die Spur. Was ich will, wenn ich aufs Gaspedal trete, ist Schub.
- Auch wenn allüberall und auf gigantischen Transparenten Handys, Handys und nochmal Handys zu sehen waren: Sie sind das Geschäft von gestern. Heute sind Lösungen gefragt, das Befriedigen real existierender Bedürfnisse real existierender Menschen. Und auch wenn dieses Jahr nahezu alle Anbieter mit Touchscreen-Handys das iPhone zu kopieren suchten - wer nichts als Technik anzubieten hat, den bestraft das Leben. Um's mit Skype-Chef Josh Silvermans Worten zu sagen: "Nobody wakes up in the morning and wants 3G."
- Zukunft haben Gesamtlösungen. Die derzeit prominenteste ist Apples iPhone, das sich nahtlos ins bewährte Geschäftsmodell des iPod einfügt und dem Analysten für die kommenden Jahre noch einiges zutrauen. Da ist einmal ein unnachahmlich elegantes, hochwertig gefertigtes Gerät, das für die Vernetzung mit dem heimischen Computer - per Kabel oder wireless - geschaffen ist. Da ist, als zweites, die kostenlose Software iTunes, mit der sich die gesamte Musiksammlung ordnen und aufs iPhone übertragen lässt. Als drittes ist da der Apple Store, in dem der Nutzer laufend neue Titel legal kaufen und herunterladen kann. Und als letztes sind da der Apple App (application) store und das SDK (software development kit) für Programmierer, damit dem iPhone auch in Zukunft die intelligenten Anwendungen nicht ausgehen.
Was der Kunde in den Händen hält, ist zwar ein Gerät. Erhalten aber hat er eine umfassende Dienstleistung. Bleibt nachzutragen, dass Apple bereits kräftig kopiert wird: beim iPhone zum Beispiel mit dem Android-Handy der chinesischen Huawei, beim Apple App Store gar von Microsoft oder Nokia. - Die Ökologie hält auch in die Mobile-Branche Einzug. Erst zaghaft zwar - da und dort wurden Produkte auf ihre CO2-Bilanzen untersucht oder war die Rede vom ökologischen Fussabdruck einer Dienstleistung -, aber das Bemühen um green power bringt tatsächlich erste Produkte hervor: Solarladegeräte für die dritte Welt etwa oder energiesparende Handysendeanlagen.
- Und schliesslich: Die Weltwirtschaftskrise hat, trotz des inflationären Gebrauchs von Vokabeln wie sustainable growth und success, auch die Telekombranche erfasst. Wenig erstaunlich, dass davon auf einer Marketingmesse wie dem GSMA Mobile World Congress kaum die Rede war. Aber auch hier wurde die Financial Times gelesen: Die britische Vodafone, France Telecom und die deutsche Telekom legen ihre Pläne für ein Handynetz der nächsten, vierten Generation auf Eis. Investoren sind dieser Tage ungefähr so rar wie Geschäftsideen à la iPhone.
Das Web in der Westentasche
Allerdings wird es nicht reichen, einfach das heutige Web aufs Handy zu bringen. Damit mobile Internetdienste wirklich nachgefragt werden, müssen Abdeckung, Tempo, Kapazität und Integration in bestehende Systeme stark verbessert werden. Das setzt gewaltige Investitionen voraus, die sich allerdings nicht nur lohnen, wie Sol Trujillo, CEO des australischen Providers Telstra, erklärt, sondern auch refinanzieren lassen: Telstra verdient bereits mehr als ein Drittel mit Webdatenverkehr, Email und SMS nicht eingerechnet. Und die Zukunft? Sie gehört neuen Anwendungen - Feuerwehrleute, die die Ausbreitung von Buschbränden in Echtzeit verfolgen und Löschkapazität zur richtigen Zeit am richtigen Ort bereitstellen können; Ärzte, die Blutdruck, Puls und Herzrhythmus ihrer Herzpatienten überwachen können, ohne sie ins Spital bestellen zu müssen.
Vic Gundotra, Engineering-Vizechef von Google, ortet das Abheben des mobilen Internet im vergangenen Jahr 2008. Weshalb? Die Datenverbindungen wurden gleichzeitig günstiger und schneller. Flatrates hielten Einzug in die Preispläne der Provider. Mit den modernen Browsern von Palm, Apple, Android oder Opera fand das Web zum ersten Mal seinen Weg auf die Handybildschirme. Und neue Anwendungen wie On- und Offlineversionen von Google Mail oder Google Maps (nagelneu: Google Latitude, das auf der Karte, deren Einverständnis vorausgesetzt, auch gleich den Standort von Ehefrau und Freunden darstellt) entsprechen offenkundig einem breiten Bedürfnis.
Und Skype-Chef Josh Silverman ist ganz einfach stolz: Die Skype-Software wurde bisher eine Milliarde Mal heruntergeladen, 400 Millionen nutzen Skype regelmässig für Chat, Telefonie und Videotelefonie. Auf das Konto von Skype gehen mittlerweile 8 Prozent des weltweiten Gesprächsaufkommens. Und dabei schickt sich Skype erst an, die Handys dieser Welt zu erobern, von Flatscreenfernsehern, Autovideo- und Kühlschrankdisplays - alles mögliche Skype-Ziele - ganz zu schweigen. Nächster Schritt: die serienmässige Ausstattung von Nokia-Handys mit Skype, "and much more to follow."
Ich bin auch ein iPhone
And the Oscar goes to... V
Die Grand Jury hat gesprochen: Mobile-Innovation-Preisträgerin 2009 ist die chinesische Cootek. Ihre Soft-Tastatur "Touchpal" soll auf dem Touchscreen des Handys eine wesentlich raschere Eingabe von Text ermöglichen, und ausgeklügelte, mehrsprachige Algorithmen sollen dabei erst noch die Vertipper korrigieren. Vollautomatisch natürlich. Wohlgemerkt: Homer hätte seine Ilias auch mit Cooteks "Touchpal"-Unterstützung kaum auf dem Handy geschrieben. Aber wer auf einem Touchscreen mehr als nur ein SMS schreibt (erraten: zum Beispiel einen Blog), der wird "Touchpal" zu schätzen wissen.
Wie auch in anderen Branchen üblich, bleibt es auch am GSMA Mobile World Congress nicht bei einer Auszeichnung allein. Ein ganzes Rudel wechselte den Besitzer. Im Rahmen der Global Mobile Awards 2009 ausgezeichnet wurden etwa das beste Handyspiel, das beste Handy und das ökologischste Handyprodukt.
Besonders bemerkenswert allerdings ist der Oscar für den besten Mobile-Musik- oder Videodienst: Der ging nämlich an die BBC - mit ihrem aufs Handy portierten iPlayer, der schon Zeit seiner Einführung weltweit Furore macht. "This is a very appealing application that has taken the online world by storm", urteilte die Jury: "Other broadcasters - both public and commercial - should be trying to achieve similar levels of engagement with the audience on all devices."
Dem ist nichts beizufügen.
Dienstag, 17. Februar 2009
And the Oscar goes to... IV
- Da wäre, last but not least, schliesslich noch die amerikanische TuneWiki mit ihrer "social music player" genannten Handysoftware, die zur Zeit zwei Millionen mp3-Files und Videos im Web sowie ein ganzes Arsenal von Webradios mit in die jeweils eigene Sprache übersetzten Songtexten verbinden, abspielen und dazu gleich noch die Möglichkeit bieten soll, Gleichgesinnte in aller Welt zu kontaktieren (Facebook-Kooperation geplant).
Kein leichter Job für die Jury. Ich bin mächtig gespannt. À suivre.